Meine Langsamkeit begleitet mich, solange ich denken kann.
Als Vorschulkind konnten mich meine Eltern an einem Verkaufsstand verlieren und nach 30 Minuten immer noch fasziniert den Vorführungen lauschend wiederfinden. Zuhause hieß es:“Jetzt sind wir alle fertig und Du fängst jetzt erst an“. In der Schule brachte ich in Nachtschichten Terminaufgaben zu Ende. In der Ausbildung, als inzwischen 40 Jährige bekam ich den vollen Zeitdruck in der Pflege zu spüren. Bei Ausflügen war und bin ich immer das Schlusslicht Heute denke ich, es ging oft um die Sinnhaftigkeit der Aufgabenstellung.
Das Wort „Warum“ geht mir oft durch den Kopf. Warum soll ich 20 Aufgaben rechnen, wenn ich doch schon begriffen habe,worum es geht und meiner Lehrerin erkläre, was mein Nachbar missverstanden hat? Warum soll ich mit den Anderen Schritt halten, wenn ich doch endlose Details am Wegesrand sehe und erlebe?
Warum soll ich einen Menschen in 10 Minuten waschen und anziehen, wenn es ihm doch gut tut, wenn ich mir Zeit nehme? Der Zeitgeist wird immer schneller. Ich nehme mir Zeit – auch mehr als dafür vorgesehen. Zum Zuhören, zum ganz genau Beobachten, für all die winzigen Details. Zum mit MIR sein, wenn alle Anderen vorweg rennen.
Zum Pflegen mit Ruhe – als selbstständige Altenpflegerin.
Zum Lieben, Stunden lang.
Erschienen in den LichtSeiten zum Thema „Zeit“ im März/April/Mai 2018