Freude über das Sterben eines Menschen, kann man das empfinden? Darf man das empfinden?
Und doch geht es mir so.
Immer wenn ich in meinem Beruf als Altenpflegerin bei jemandem bin, der bereits seine Fühler einzieht, überkommt mich eine unerklärliche, prickelnde, für andere wohl nicht nachvollziehbare Freude.
Eine Freude darüber, dass dieser Mensch bald den Sprung hinüber geschafft hat. In mir ist das Bild: Es muss doch etwas Unglaubliches sein, die inneren Flügel auszubreiten und alles zurückzulassen.
Stets wünsche ich diesen Menschen eine gute Reise. Manchmal sage ich es laut, manchmal flüstere ich es ins Ohr. Von einer Frau wurde ich gefragt: „Muss ich sterben?“ Ich antwortete: „Jeden Tag ein bisschen.“
Ich überlege mir, auch mit Angehörigen, wie sich der Mensch und seine Familie nach dem Tod ganz individuell ausdrücken möchten. Was hat sich mir als besonders gezeigt an diesem Menschen?
So habe ich einmal mit der Witwe zusammen ihren verstorbenen Mann gewaschen und ihm den Hochzeitsanzug angezogen. Alles Medizinische verschwand in Schränken und sogar eine goldene Kerze, noch von der goldenen Hochzeit, wurde von uns zusammen mit Blumen zu einem Arrangement verbunden.
Sowohl die Familie als auch der Bestatter waren sehr berührt.
Ich freue mich immer wieder, wenn ich die Beziehung zu einem Menschen so rund abschließen darf.
Freude über den gelungenen Tod eines Menschen, darf man das haben?
Und doch fühle ich es so.
Erschienen in den LichtSeiten zum Thema Freude Dezember2016/Januar/Februar2017